Wie sich das für einen guten Politiker gehört, hat sich Frau Bundeskanzlerin Merkel neulich gegen die Netzneutralität, für höhere Preise bei stabilen Verbindungen und damit für die Wünsche der Wirtschaft ausgesprochen. Für sie heißt „innovationsfreundliches Internet“, dass es „eine bestimmte Sicherheit für Spezialdienste“ gäbe. Obwohl für Frau Merkel das Internet Neuland ist, stellt sie so klar, dass es eine Klassengesellschaft im Internet geben muss, in der bestimmte Nutzer mehr Rechte haben sollten, als andere Nutzer. Dies nicht, durch eine Stigmatisierung „Nutzerklientel“, wie Privatsurfer, Berufler, Unternehmer, sondern über den Geldbeutel.
In die gleiche Kerbe schlug dann auch Jens Schulte-Bockum, Vodafone-Deutschlandchef, indem er dieses Vorhaben verschleiernd als Qualitätsmerkmal für Nutzer titulierte. Ein höherer Beitrag sei als Entscheidungsmöglichkeit für Surferzu verstehen, wenn diese eine sichere Datenverbindung wollten. Und das koste eben extra. Stellt sich die Frage, ob bei Nutzern, die dieses freundliche Extraangebot nicht annehmen, wieder, wie schon am Anfang des Surfens, die Verbindung regelmäßig zusammenbricht.
Fraglich ist nur, ob dieses Vorhaben so einfach mit der Rechtsprechung, expressive mit dem Grundgesetz konform geht, welches doch in Artikel 5 Satz 1 feststellt: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten…..“ Bezüglich der Printausgaben ist dieses Recht durch Bibliotheken gegeben, die unentgeltlich sehr viele Titel zur freien Verfügung vorhalten. Hier muss der Leser kein Mitglied sein, um sich die Printformate anzusehen und zu lesen. Im Zuge der neuen Medien würde dieses Recht bei Aushebelung der Netzneutralität eingeschränkt, da sich nur noch Menschen, die einen entsprechend großen Geldbeutel besitzen, im Netz uneingeschränkt informieren könnten.
Ein weiteres Kriterium ist die Frage, wieso es überhaupt Institutionen geben sollte, die einen höheren Anspruch auf die Geschwindigkeit ihrer Datenübertragung haben sollten, als andere. Hier greift die Argumentation, dass es bestimmte Dienste gäbe, die auf eine Echtzeitübertragung angewiesen seien, zu kurz. Betonte Herr Schulte-Bockum doch ausdrücklich auf der selben Veranstaltung, dass Vodafone fleißig dabei sei, das Netz auszubauen – dann wiederum wäre die Abschaffung der Netzneutralität nicht nötig.
Um so ein Statement wie oben zu untermauern, ist es nötig zu verstehen, wie das Internet funktioniert, wie Knoten die Daten weiterleiten und welcher technischen Voraussetzungen es bedarf, um Datentransfers zu ermöglichen. Vielleicht sollte jemand einmal darstellen, wie allein schon eine Mail zerkleinert, zerhäckselt und in Stücke geschnitten durchs Netz rauscht, um beim Empfänger möglichst schnell anzukommen. Versteht man jedoch die Funktion des Netzes, würde dieses Statement est gar nicht getätigt. Es bleibt zu wünschen, dass der Nikolaus, Frau Bundeskanzlerin Merkel morgen einen Kurs zur Internetnutzung bringt, und sie diesen so faszinierend findet, wie das Simsen, so dass sie wenigstens in diesem Falle von ihrem Postulat: „Details interessieren mich nicht“, abweicht.