Viele deutsche Redaktionen kämpfen mit Hass-Kommentaren auf ihren Websites – und haben laut Sascha Lobo selbst Schuld. Jahrelang hätten sie es versäumt, mit den passenden Dialogformen zu experimentieren, kritisiert der Autor und Blogger im Interview der Branchenzeitschrift „medium magazin“ (Ausgabe 01/2015).“Stattdessen wurden Kommentare aus Kosten- und Bequemlichkeitsgründen versteckt, weil sie so katastrophal waren.“
Lobo schlägt als eine Möglichkeit vor, Kommentare direkt neben denText zu stellen, statt sie auf „Kommentar-Friedhöfen“ darunter zu begraben. Solche Mechanismen würden noch zu wenig erforscht, keine deutsche Redaktion mache einen guten Job, sagt Lobo. Der Publizist sieht in der Niedrigschwelligkeit der anonymen, digitalen Konversation den Hauptgrund für die rauen Sitten in den Kommentarspalten. „Jedes Eingabefeld auf Facebook, Twitter oder Websites lädt dazu ein, Meinungen kundzutun, das gibt es auf der Straße nicht.“ Halbfertige Gedanken würden in konkrete Kommunikation verwandelt und Dialoge entstünden. Schon eine Handvoll negativer Kommentare reiche aus, um das gesamte Soziotop in Mitleidenschaft zu ziehen: „Es ist ein bisschen wie in der Natur, wo ein paar Tropfen Ölgenügen, um einen See zu vergiften.“
Im „medium magazin 1-2015“ erzählen Journalisten aus fünf Redaktionen exemplarisch, wie sie Leserdialoge organisieren – in sozialen Netzwerken und auf den Websites, für die sie arbeiten. Aus ihrer Praxis berichten Mathias Müller von Blumencron für faz.net, Frederik Fischer für „Krautreporter“, Stefan Plöchinger und Daniel Wüllner für Süddeutsche.de, Markus Hofmann für die „Badische Zeitung“ und Jan Gänger für n-tv.de.
Das „medium magazin 01/2015“ mit dem Titelthema „Journalisten des Jahres 2014“ erscheint am 29.12. und ist für alle Geräte im iKiosk verfügbar: http://bit.ly/medium-ePaper. Gedruckte Einzelhefte und Probeabos können über vertrieb@mediummagazin.de geordert werden.
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